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03. April 2020 - Cloppenburg

Viel Lob für digitalen Unterricht

Schüler freuen sich trotzdem wieder auf Normalbetrieb

„Ohne Euch ist es hier sehr ruhig“, sagt Simone Hegger-Flatken mit etwas Wehmut. Mit einem Handy ist die Rektorin der Marienschule durch das Gebäude gelaufen und hat die leeren Klassenräume und Flure gefilmt. „Es ist niemand da, ich bin ganz allein da.“ Zumindest das Schuleichhörnchen schaute ihr im Schulgarten zu. „Es ist toll zu sehen, dass es noch ein bisschen Vertrautheit auf dem Schulgelände gibt“, kommentiert das Hegger-Flatken. „Bitte bleibt gesund und zu Haus“, appelliert sie abschließend an ihre Schüler und Kollegen. 541 Mal wurde ihr Drei-Minuten Video auf YouTube innerhalb weniger Tage angeklickt.

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Standbild des Videogrußes von Simone Hegger-Flatken, Rektorin der Marienschule.

Christoph PenningGroßansicht öffnen

„Schule ohne Schüler ist doof“, schreibt Christoph Penning, Lehrer der Liebfrauenschule Cloppenburg, an die Tafel.

Wie lief das Schulleben in den zwei Wochen vor den Osterferien, als alle zu Hause bleiben mussten? Wie funktionierte der Unterricht, wie das soziale Leben? Das Schulleben ist schnell erklärt: Es fiel aus. Keine Schüler, keine Lehrer, nur ein Mitglied der Schulleitung sei vormittags von 7.30 bis 11.00 Uhr im Haus gewesen, sagt Hegger-Flatken. Nicht einmal die Notbetreuung war in Anspruch genommen. worden. Deutlich besser sah es mit dem Unterricht aus. Denn der fand statt.  

Schon bevor die Landesregierung Mitte März die Schulschließungen angeordnet hatte, hatte die bischöfliche Schulstiftung St. Benedikt in Absprache mit den Direktoren ihrer neun Schulen beschlossen, den Unterricht trotz Kontaktsperre digital komplett weiterzuführen, erklärt es Stiftungsvorstand Heinrich Blömer. „Alle Lehrkräfte müssen mit ihren Klassen jeden Schultag Kontakt halten. Unsere Schulen arbeiten intensiv nach dieser Vorgabe und fordern den Kontakt ihrer Schüler ein.“ Viele Lehrkräfte telefonieren auch mit ihnen. Wie gut das funktioniert, zeige die Rückmeldung einer Schule: Nur acht von ca. 600 Schülern hätten sich in den ersten Tagen nicht gemeldet, sagt Blömer.   

Wie der Unterricht vor Ort funktionierte, weiß Hegger-Flatken: „Wir haben auf Iserv alle Wochenpläne und die Profilwahl für den Jahrgang 8 hochgeladen. Unsere Schüler können damit arbeiten und die Aufgaben an ihre Lehrkräfte zurückschicken.“ Da es in den ersten Tagen vereinzelt Problemen beim Hochladen gab, hat Dennis Tegeder, Mitglied ihres Kollegiums, ein fünfminütiges Erklärvideo bei YouTube eingestellt. Mit 1.283 Aufrufen zeigt es das große Interesse der Schüler daran. Zwischen 11.00 und 12.00 Uhr sind regelmäßige Beratungsstunden angesetzt gewesen, alle Lehrer sind zur Mitarbeit verpflichtet, viele schreiben auch Elternbriefe. Der digitale Unterricht, so hat es die Schulleiterin beobachtet, habe dabei fast das Volumen eines vollwertigen Unterrichts. Die Englischlehrerin Sontka Janßen hat sogar selbst produzierte Lernvideos über englische Grammatik ins Netz gestellt. Der Vorteil dabei: Wer es beim ersten Mal nicht verstanden hat, rät sie: „Watch the Video again.“

Schule technisch gut ausgestattet
Es helfe jetzt sehr, dass die Schule technisch gut ausgestattet sei, sagt Hegger-Flatken. Über Smart-Boards in allen Klassenräumen sind ihre Schüler mit digitalen Medien gut vertraut. Wie es mit den Abschlussprüfungen aussieht, weiß sie allerdings noch nicht. Sicher ist nur: bis zum 15. April müssen alle Vornoten eingetragen sein. „Die Schüler dürfen unter dieser Situation aber nicht leiden“, sagt sie. Wie es mit den Abschlussprüfungen aussieht, weiß sie noch nicht. Zumindest hätten die 9er und 10er Klassen das Zwischenzeugnis vom 1. Februar, mit dem sie sich auf Ausbildungsstellen beworben haben.

Von Elternseite gebe es nur gute Rückmeldungen, erlebt es die Rektorin. Den Schülerinnen und Schülern fehlten jedoch die sozialen Kontakte. „Sie sehnen sich nach dem Unterricht“, hat es ihr Sandra Behrens-Jacobsen, die Vorsitzende des Elternrats, erzählt. Vor allem die Neuntklässler hätten gerne ihre Praktika gemacht.

„Ich denke, das Schulsystem wird nach Corona digitaler“, meint Hegger-Flatken. Jetzt bekommt man mit, wo es hakt und wie schnell das Internet in der Fläche ist. Einen kleinen Vorteil kann sie der Situation abgewinnen. „Beim digitalen Unterricht müssen wir die Schule nicht verlassen, es entstehen keine Fahrkosten und –zeiten.“ Aber digitaler Unterricht könne den wahren Unterricht nicht ersetzen, ist ihr klares Fazit. „Unterricht ist im hohen Maße Beziehungsgeschehen“, bestätigt es auch Heinrich Blömer.

Ähnliche Erfahrungen in der Liebfrauenschule
Ähnlich wie in der Marienschule erlebt es auch Andreas Weber, Direktor der benachbarten Liebfrauenschule. Schon einige Tage vor der Schulschließung habe man sich dort auf die neue Situation vorbereitet. Am Freitag vor der Schulschließung seien die Klassen 5 und 6 noch in Iserv eingewiesen worden. „Unsere Kollegen haben die neuen Unterrichtsformen sehr ernst genommen.“ Seine Lehrkräfte stünden den Schülern fast rund um die Uhr als Ansprechpartner zur Verfügung. Sollte dieser Zustand aber noch länger andauern, „müssen wir noch interaktiver werden.“ Das technische System stehe auch an seiner Schule gut, die Arbeitsspeicher waren rechtzeitig erweitert worden. Es bestehe ein großer Austausch innerhalb des Kollegiums. „Wir müssen aber auch Arbeitsroutinen für die neue Situation entwickeln.“ Die Beteiligung der Schüler betrage praktisch einhundert Prozent, sagt Weber. Der Unterricht erfolge in fast allen Fächern. „Wir lassen unsere Schüler nicht rumgammeln.“

Der Emsteker Tobias Prenger kann das bestätigen. Drei Söhne hat er an der Schule, Emil in Klasse 5, Alwin in Klasse 6 und Malte in Klasse 8. Der digitale Unterricht habe „bisher total gut geklappt“, ist er der Schule dankbar. Am Freitag vor der Schulschließung habe es noch Iserv-Einweisungen für die Klassen 5 und 6 gegeben. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten habe alles gut geklappt. Selbst Diktate würden abgegeben. Über Smartphone und Laptop wären seine Jungs jeden Tag bis zu zwei Stunden mit Deutsch, Mathematik, Musik, Englisch oder Latein beschäftigt. Zudem stünden sie in regelmäßigen Kontakt mit ihren Lehrern. Und dennoch: Glücklich seien sie mit der Situation nicht. „Ihnen fehlen die Freunde.“

Ludger Heuer