„Vor allem für jüngere Kinder stellte der fehlende Kontakt in Corona-Zeiten zu Spiel- und Lernpartnern einen drastischen Einschnitt in ihrer sozialen Entwicklung dar,“ sagen Marie Dierkes und Michael Bröer vom Bildungswerk Vechta, die das Sommercamp der Schulstiftung St. Benedikt und der Bürgerstiftung Vechta leiten. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen konnten viele Kinder lange keine Bewegungsangebote wahrnehmen und Naturerfahrungen erleben. Besonders stark betroffen waren Kinder aus finanziell begrenzten Verhältnissen, wissen Dierks und Bröer.
In Gruppen mit maximal neun Kindern spielen sie unter pädagogischer Anleitung, basteln, arbeiten schulische Themen auf und haben vor allem viel Spaß miteinander. Jetzt, wo es so heiß ist, gehen sie auch gerne nach draußen. Platz zum Toben und für Sport gibt es auf dem weitläufigen Außengelände oder im nahen Wald genug. „Bei diesen kleinen Gruppen kann man sich gut auf die Kinder konzentrieren“, erklärt Sonja Nimz (23), die eine Gruppe betreut. „Schlechte Laune habe ich noch nicht erlebt.“ Dafür, dass die Kinder aus aller Welt kommen und sich vorher nicht kannten, herrsche eine super Stimmung. Sie hat aber auch klare Regeln aufgestellt, die für alle sichtbar an der Wand hängen. „Wir hören zu. Wir sagen Bescheid, bevor wir gehen. Wir lassen andere ausreden. Wir gehen respektvoll miteinander um.“ In ihrer Gruppe hat sie acht Dritt-Klässer. Die Gruppen sind bewusst schulübergreifend zusammengestellt. Für die Kinder sei es toll, wieder ohne Abstand miteinander spielen zu können, erlebt es Sonja Nimz. Jede Gruppe soll aber für sich bleiben, so sagen es die Hygieneregeln. „Meine Kinder schauen manchmal sehnsüchtig raus, wenn andere draußen spielen.“
In den ersten Tagen hatte sie ihre Kinder eine Geschichte schreiben lassen. Thema: „Mein Ritt auf einem Glücksdrachen.“ Der Drache scheint den Kindern anfangs nicht wohlgesonnen, doch alle Geschichten enden schließlich in Freundschaft. „Es war ein Mal ein Drache, er wonte in einem Wald. eines Tages trav der Drache ein kleines Mädchen es hate so gose Angst das sie wegliw der Drache war sehr traurig das Mädchen kamm aler wieder das Mädchen hate nicht merh so grose angst und so worde der Drache und das Mädchen Freunde“, brachte es die achtjährige Ida auf den Punkt. Ihre Geschichte wird später Teil eines Buches, das Alfred Büngen, Geschäftsführer des Langfördener Geest Verlags, produzieren will. „Es ist erstaunlich, welche Vielzahl intensiver Texte zurückgekommen sind zu den verschiedensten vorgeschlagenen Themen. In dieser Intensität hatte ich nicht damit gerechnet“, äußerte er sich nach Sichtung der Beiträge aus dem ersten Durchgang.
Dass es jeden Tag zudem kleine Snacks gibt, ist ein weiterer Höhepunkt für die Kinder. Das Küchenteam des Jugendhofs hat eine abwechslungsreiche Liste erstellt. Viel Gemüse, Obst, leichtes Gebäck, vitaminreiche Kost. Gestern gab es Sandwiches. Heute - und damit war Nedas Frage auch beantwortet - kleine Pfannkuchen mit Marmelade. Alles wird verputzt. Das Programm für morgen: Badesachen mitbringen, Wassersprenger anstellen. „Das ist viel schöner als Schule“, strahlt Ida.
Finanziert wird das vierwöchige Sommercamp über den Corona-Hilfsfond des Bischöflich-Münsterschen Offizialates und des Landes-Caritasverbandes, über die Bürgerstiftung Vechta, die Mechtild und Günter Welker-Stiftung und das Förderprogramm „LernRäume“ des Landes Niedersachsen. Für die Kinder ist die Maßnahme kostenlos.
Ludger Heuer