Navigationsmenüs (Musterschule)

Pressemeldung

Zurück

11. Dezember 2020 - Vechta

Aus Tradition fortschrittlich

Gymnasium Liebfrauenschule stellt neue Chronik vor

Vier Jahre hat Sr. Hilliganda Rensing an dem Werk gearbeitet. Herausgekommen ist eine interessante Chronik über 161 Jahre Liebfrauenschule in Vechta. Das Buch sei keine wissenschaftliche Publikation, habe aber großen wissenschaftlichen Wert, da es die Ordensgeschichte der Schwestern Unser Lieben Frau, die Schulgeschichte und regionale Kirchengeschichte beleuchte, würdigte Prof. Dr. Franz Bölsker, Leiter der Schulabteilung des Bischöflich Münsterschen Offizalats, bei der Vorstellung des Buches die Arbeit. „So viel Wissen und Erfahrung holt man nie raus, wenn man sich nur auf Akteneinsicht stützt“, sagte er im Hinblick auf die lange Zeit von Sr. Hilliganda an der Schule.

Gruppennbild mit ChronikGroßansicht öffnen

v.l. Prof. Franz Bölsker, Sr. Hilliganda und Schulleiter Johannes Funken mit der Chronik.

Sr. Hilliganda mit Co-Autor Manfred KlostermannGroßansicht öffnen

Sr. Hilliganda mit Co-Autor Manfred Klostermann

1948 war sie mit 16 Jahren an die Schule gekommen, 1952 legte sie hier ihr Abitur ab. 1975 kehrte die Deutsch- und Lateinlehrerin als Schulleiterin nach Vechta zurück. Nach ihrer Pensionierung 1998 arbeitet sie neun Jahre im Vatikan, die meiste Zeit in der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan. Ihren Unruhestand verbringt sie jetzt im Archiv des Bischöflich Münsterschen Offizialates.

Die Arbeit beschreibt anhand vieler Quellen und Fotos die wechselvolle Geschichte der Mädchenschule. Sr. Hilliganda schlägt den Reigen von der Gründung der Schule 1859 „in einer für Mädchen bildungspolitisch unterentwickelten Region“ bis hin zu ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst. Die Geschichte der letzten zwanzig Jahre ergänzte Manfred Klostermann.

Wenig bekannt dürfte noch sein, dass die Schwestern im 19. Jahrhundert neben einer höheren Töchterschule hier auch eine Volksschule, ein Internat und zeitweise auch ein Lehrerinnseminar unterhielten. Zwischen den Weltkriegen bot die Schule eine breite Ausbildungspalette an. Neben Hauswirtschaft konnten die Mädchen hier Abschlüsse für den „Höheren Handel“ ablegen. 1929 etablierte sich hier auch eine Frauenoberschule, gleichzeitig eröffnete sich erstmals der Zugang zum gymnasialen Abitur. 1939 zum Kriegsbeginn besetzte die Deutsche Wehrmacht das Haus, 1940 wich die Schulbetrieb einem Lazarett. Doch schon wenige Monate nach Kriegsende können die Schwestern den Schulbetrieb wiederaufnehmen. Die Schule war seitdem ausschließlich ein Mädchengymnasium und hat damit inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Bis 1989 konnte Sr. Hilliganda, der bei der Buchvorstellung in der Liebfrauenschule die Anekdoten förmlich aus dem Mund sprudelten, die Geschicke der Schule leiten. 2013 zogen sich der Orden aus der Schule zurück und übertrug sie an das Bischöflich Münstersche Offizialat. Sie sei sehr froh über den behutsamen Übergang und die Wahrung alter Traditionen gewesen, sagte Sr. Hilliganda, die den Prozess mit großem Interesse aus der Ferne beobachtet hatte.  

„Katholische Ordensfrauen gelten herkömmlich nicht als Speerspitze des Feminismus,“ sagte Prof. Bölsker. „Doch was hier geleistet wurde zur Entwicklung junger Frauen, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen“, würdige er das über zwei Jahrhunderte reichende Engagement des Ordens. „Man spüre immer wieder das Motto der Schwestern: Aus Tradition fortschrittlich“, zollte auch Oberstudiendirektor Johannes Funken, seit 2004 Schulleiter der Liebfrauenschule, den Schwestern seinen Respekt. Auch Uwe Kathmann, Vorstand der Schulstiftung St. Benedikt, konnte das Haus aus eigener Familiengeschichte loben. Mit seinen Töchtern sei seine Familie in dritter Generation hier präsent. „Es ist wichtig, dass die Schülerinnen sich hier wohlfühlen.“      

Sr. M. Hilliganda Rensing, Geschichte der Liebfrauenschule Vechta 1859 – 2013, 160 Seiten, Aufalge 400, ab dem 21.12. für zehn Euro in Vechtaer Buchhandlungen erhältlich. 

Ludger Heuer