Die Idee der „Zaungäste“ ist 2010 in der Schweiz entstanden. Seit einigen Jahren gibt es auch internationale Zweige. Ihre Besuche unterscheiden sich von denen der Schulaufsicht. Es sind Besuche auf Augenhöhe nach einem festen Ablauf. Der Besuch in Cloppenburg war schon für 2020 geplant, wegen Corona aber verschoben worden. Die Schulleitungen Simone Hegger-Flatken und Andreas Weber boten ihren Gästen ein abwechslungsreiches Programm. In der Marienschule nahmen sie am Unterricht verschiedener Profilbereiche teil, an der Liebfrauenschule u.a. an zwei Runden der sogenannten Kollegialen Beratung. In der Mittagspause ging es in die Mensa. Auch hier hatten die Gäste viele Fragen zum organisatorischen Ablauf. Wie ist es möglich, in kurzer Zeit über 600 Personen mit frischem Essen zu verköstigen? Wie lässt sich das planen und finanzieren?
Bewertungen sind nicht vorgesehen
„Die Zaungäste wollen beobachten, nicht bewerten,“ erklärte Frommeyer in der Reflexionsrunde. Viel Eindruck hatte in der Marienschule das Konzept der offenen Lerngruppen gemacht. Steht in den Jahrgängen 5/6 das übende Lernen im Mittelpunkt, so ist es in den Jahrgängen 7/8 das eigenständige Lernen. Die Auflösung der Fächer und die Abweichung von starren staatlichen Lehrplänen sei in Bayern gar nicht möglich, bemerkte Christine Neumaier, Gymnasialleiterin aus Mühldorf am Inn. Freie Schulen genießen hinsichtlich der Lehrpläne und Stundentafeln eine große Freiheit gegenüber staatlichen Schulen, stellte sie fast ein wenig neidisch fest. Positiv wahrgenommen hatten die Gäste auch den Unterricht im Profil Technik und das dort praktizierte vernetzte Lernen.
Großen Respekt zollten sie der Kollegialen Beratung an der Liebfrauenschule. Dabei besprechen Lehrkräfte in einer kleinen Runde nach festgelegten Schema Fallbeispiele aus ihrem Schulalltag und lassen sich pädagogisch beraten. Moderiert werden die Gespräche von Kollegen, die dafür eine eigene Ausbildung gemacht haben. Ein solches Beratungsinstrument auf Augenhöhe könne sehr hilfreich für den Schulalltag und den Zusammenhalt im Kollegium sein, stellten die „Zaungäste“ fest.
„Für uns ist dieser Besuch wie eine Kollegiale Beratung“, brachte es Andreas Weber, Leiter der Liebfrauenschule, auf den Punkt. Es sei wichtig, andere Perspektiven über die eigene Arbeit zu hören. „Das gibt viele produktive Ansatzpunkte“, bedankte sich Simone Hegger-Flatken, Leiterin der Marienschule, bei ihren Gästen.
Er interessiere sich sehr für die unterschiedlichen Schullandschaften, meinte Lutz Oertel, Organisator der „Zaungäste“ aus dem Kanton Zürich. Als Sozialwissenschaftler hat er lange im Bereich der Schulreformen gearbeitet. „Jeder Besuch gibt viele Anregungen für eigene Verbesserungen,“ fasste er den eigenen Nutzen für die Tage in Cloppenburg zusammen.
Ludger Heuer