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22. Februar 2019 - Vechta

Alle Menschen sind von Gott gewollt

Inklusion Hauptthema auf Oldenburger Schulrätetagung

Sie erlebe in vielen Gesprächen mit Lehrkräften Vorbehalte gegen Inklusion. Viele Lehrer empfänden sie als überstürzt eingeführt, sagte Dr. Britta Baumert jetzt auf der Oldenburger Schulrätetagung im St. Antoniushaus. An dem Treffen, das wechselweise von katholischer und evangelischer Seite ausgerichtet wird, nahmen Schulräte der staatlichen und kirchlichen Schulbehörden und Fachobleute Religion aus dem Oldenburger Land, Emsland und Ostfriesland, Vertreter der Universität und Studienseminare in Vechta und Oldenburg teil. Im Konferenzteil ging es u.a. um Mobbing, Werte und Normen, islamischen Religionsunterricht, konfessionell-kooperativen Religionsunterricht und Fortbildungsangebote. Eingeladen zu dem Studientag hatte Prof. Dr. Franz Bölsker, Leiter der Schulabteilung des Bischöflich Münsterschen Offizialats.

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Prof. Britta Baumert sprach bei der Schulrätetagung über Inklusion.

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Abschlussdiskussion mit der Referentin unter Leitung von Prof. Bölsker

Baumert, Juniorprofessorin für Religionspädagogik an der Uni Vechta, hatte sich für das Hauptreferat das Motto „Lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein“ aus dem Lukasevangelium ausgewählt. Das christliche Menschenbild würde Inklusion verlangen, sagte sie. Bei Inklusion werde das Individuum so genommen, wie es sei – unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit. Inklusion solle kein Defizitausgleich darstellen, sondern Barrierefreiheit bedeuten. „Alle Menschen sind von Gott in ihrer Individualität gewollt und unbedingt angenommen“, betonte Baumert. Jeder Mensch sei unvollkommen und erlösungsbedürftig. Inklusion bedeute gleichberechtigte Partizipation auf Augenhöhe.

Nach dem niedersächsischen Schulgesetz seien zwar alle Schulen inklusiv, doch „alle Förderschulen mit Ausnahme der Förderschulen Lernen im Primarbereich bleiben bestehen“. Dieses Nebeneinander der Inklusionsarbeit in Förder- und Regelschulen erzeuge finanzielle und personelle Probleme, gestand sie ein. Denn es fehlten Sozialpädagogen, um beide Schultypen ausreichend versorgen zu können. Inklusion sei in Regelschulen noch wenig verbreitet. 4,7 Prozent eines Schülerjahrgangs hätten einen Förderbedarf, sagte Baumert. In Regelschulen fänden sich aber nur 0,3 Prozent wieder. Die meisten dieser Schüler hätten ihren Förderbedarf im Bereich Lernen und Emotionalität/Soziales.

Die niedersächsische Landesregierung gehe von erheblichen Kosten für die Inklusion aus. Neben einer Anpassung des Personalschlüssels, dem Aufbau multiprofessioneller Teams von Lehrern und Pädagogen und ständiger Fort-und Weiterbildung sei eine bauliche, technische und digitale Barrierefreiheit nötig. Dazu müssten schulorganisatorische Rahmenbedingungen flexibel gehandhabt werden, Einstellungen und Haltungen von Lehrkräften und Eltern reflektiert und dialogische offene Lernformen eingeführt werden. „Inklusion funktioniert nur, wenn alle mitziehen und nicht, wenn sie nur von oben herab angeordnet wird“, unterstrich Baumert. Inklusion betreffe nicht nur den Unterricht, sondern den ganzen Schulalltag. Daher müssten auch Eltern nichtbehinderter Kinder dafür gewonnen werden. „Eine Behinderung ist kein Defizit, sondern ein Merkmal einer Person unter vielen“, machte Baumert klar.

Ludger Heuer